
“Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns” – mein Lieblingszitat von Kafka habe ich mir vor vielen Jahren von der grandiosen Imme Böhme tätowieren lassen. Natürlich mit passendem Motiv. Lesen und auch Schreiben hatten in meinem Leben einfach schon so gut wie immer eine große Bedeutung.
Bereits vor der Schule “las” ich heimlich mit der Taschenlampe unterm Bett Asterix, Lucky Luke oder Das lustige Taschenbuch. Eine Fähigkeit, die die ehemalige Heidelberger Buchhändlerin Gabriele Hoffmann bei einer ihrer beliebten Kinderbuchveranstaltung an der Bergstraße neulich als “angeborene Lesefähigkeit” bezeichnete. Obwohl Kinder die Bilder in Büchern nur in 2D sehen, erkennen sie trotzdem schon sehr früh, was abgebildet wird. Sie nehmen wahr, dass das Gelbe da vorne eine Banane und eben keine Zitrone ist. Sie erkennen zielsicher Hunde aller möglichen Rassen und können sie trotz ihres kleinen Erfahrungsschatzes schon ziemlich gut von Katzen unterscheiden. Das hat mit Lesekompetenz wiederum natürlich noch nicht so viel gemein, zeigt aber mal wieder wie scharf die Beobachtungsgabe selbst bei kleinsten Kinder schon ist.
Ich lese also tatsächlich eigentlich schon immer. Umso schöner war es für mich alte Leseratte daher, dass ich in den letzten Wochen Menschen begegnen durfte, die eine mindestens ebenso heiße Liebe für das geschriebene Wort empfinden wie ich. Und umso schöner, dass ich meine Liebe nun auch an meine zwei Mädels weitergeben kann. In unserem Familienalltag haben Bücher deswegen auch einen festen Platz.
Wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung zur Zeit die Eineinhalbjährige schon morgens nach dem ersten Augenaufschlag “Bu (ch), bu(ch), bu(ch)” fordert, dann geht mir dabei natürlich das Herz auf.
Aber nach mittlerweile drei Jahren an der Vorlesefront weiß ich eben auch zu schätzen, was ein gutes Kinderbuch ausmacht.
Nichts lieben Kinder schließlich so sehr, wie die ewige Wiederholung. Und wenn du die flache Geschichte von Elsa und den Trollkindern zum x-ten Mal vorgelesen hast, dann weißt du umso mehr den Witz von Janosch oder die Phantasie von Erwin Moser zu schätzen.
Kindern werde zu wenig vorgelesen, hieß es vor ein paar Tagen in der Presse. (Hier geht es zur kompletten Vorlesestudie der Stiftung Lesen. )
Vielen Eltern sei die Wichtigkeit des Lesens zwar bewusst, heißt es in der Studie. Doch die Bedeutung der Lesefreude komme oft zu kurz. Ein Vorwurf, der mich ausnahmsweise mal ganz kalt lässt. 😉
Was macht Vorlesen mit Kindern?
Vorlesen ist viel mehr als das reine Vermitteln von Sprache oder Inhalten. Wenn wir uns mit unseren Kindern hinsetzen, um zu lesen, dann kommen wir zuerst einmal zur Ruhe. Wir konzentrieren uns ganz auf das Jetzt und nehmen uns bewusst Zeit für das Kind und den Moment. Wir kuscheln und geben Nähe und wir bieten außerdem Anstöße zu Gesprächen. Aus den neuen Erfahrungen, die die Kindern mithilfe der Bücher machen können, bieten sich oft Gelegenheiten über die eigenen Erlebnisse zu sprechen. Und selbst Kinder, die sonst eher nicht so redselig sind, “rücken auch mal mit der Sprache heraus” und sprechen Dinge an, die sie beschäftigen und die sie vielleicht einfach noch gar nicht richtig benennen können.
Das eventuell noch geringe Sprachvermögen bei ganz kleinen Kindern ist übrigens kein Hindernis für ein erfolgreiches Leseerlebnis. So sagt die Vorlesestudie auch, dass “die positive emotionale Erfahrung, das Lesen zu einem Gewinn für die ganze Familie macht.” Vorlesen macht Spaß und gibt Nähe und ist eben nicht nur ein “Mittel zur Förderung der Sprachkompetenz.”
Nun ist es nur logisch, dass in Viel-Lese-Familien wie unserer auch ständig Bedarf an Nachschub ist.
Aber wo findet man denn nun die guten Bücher?
Tipp 1: Um die Ecke
Solltet ihr in eurer Nähe noch einen kleinen Buchladen haben, der nicht von einer großen Kette geschluckt oder von Amazon in den Ruin getrieben wurde, dann kann ich euch nur den Tipp geben: GEHT REIN! Hier arbeiten Leute, die mit Herzblut bei der Sache sind. Heutzutage noch kleine Buchläden zu führen, geht wohl nur mit einer ordentlichen Portion Hartnäckigkeit und ganz viel Leidenschaft. Wer hier arbeitet, der liest selber. Der kennt seine Bücher, der lässt euch reinschauen, durchblättern und nimmt sich Zeit für Empfehlungen. Habt ihr einen solchen Buchhändler in der Nähe, unterstützt ihn und kauft eure Bücher dort und haltet ihn oder sie ganz ganz fest!
Tipp 2: Kinderbuchlesen.de
Habt ihr das aber nicht, dann hilft natürlich auch die Recherche über das Internet. Einer meiner Lieblingsblogs zum Thema Kinderbücher ist der Blog kinderbuchlesen.de. Völlig zu recht, hat der Blog den Jury Blog Award 2017 in der Kategorie Literatur & Film erhalten. Bloggerin Janet ist ein richtiges Trüffelschwein, was gute Kinderbücher angeht. Ich hoffe, sie verzeiht mir den Ausdruck. Ihre rezensierten Bücher sind nach Altersempfehlungen gestaffelt und ich mag einfach ihre Auswahl wahnsinnig gern. Wenn ich so viel kaufen könnte, wie ich wollte (ohne Blick auf den Kontostand selbstverständlich), ich hätte wohl fast das komplette Sortiment zuhause. Neben den Altersempfehlungen gibt es regelmäßig Specials zum Beispiel zum Thema Natur /Abenteuer oder zum Thema Kinderbuchperlen oder eben jüngst ganz aktuell zum Thema Luther. Ihr merkt schon, reinschauen lohnt sich. Eine dicke, dicke Empfehlung!
Tipp 3: Blogparade #Meine liebsten 5 Kinderbücher
Bloggerin Leen von aufbruch-zum-umdenken.de hat letzten Oktober eine Blogparade gestartet zum Thema Kinderbücher. Auf der Seite Kinderbücherliste gibt es inzwischen eine umfangreiche Liste mit Kinderbuchtipps von ganz vielen BloggerInnen. Durchklicken, Spaß haben. Fertig.
Und weil ich ja selber auch so gern lese, kommen hier auch meine persönlichen Tipps zu dieser tollen Blogparaden-Idee:
Irgendwie Anders Das Buch von Kathryn Cave ist wunderschön gezeichnet und eines unseres absoluten Lieblinge im Haus. Irgendwie Anders ist ein kleines Tierchen, dass einfach nirgends dazu passt, weil es irgendwie anders ist als die anderen. Deswegen lebt es allein auf einem Berg und hat keinen einzigen Freund. Bis eines Tages ein Etwas vor der Tür steht, das behauptet genauso anders zu sein. So so schön kann man das Thema Anderssein und Mobbing umsetzen.
Der Hummer hat Kummer “Buhu macht der Hummer, ich hab großen Kummer. – Dein Herz ist ja gebrochen, entdeckt mit Schreck der Rochen. (…)” Ich kann es auswendig. Erst von der Großen heiß geliebt, nun von der Einjährigen. Das Schöne hier, man kann die Kinder beim Lesen passend kuscheln und knutschen und trösten und meine Kinder wollen es immer “No(ch)mal, no(ch)mal” hören. 🙂
Schüttel den Apfelbaum – Ein Mitmachbuch Noch mehr Interaktion gibt es bei diesem süßen Büchlein. Hier müssen aktiv Bäume geschüttelt, Monster gekitzelt oder Astronauten zum Mond geschossen werden. Ohne Streicheln, pusten, schaukeln oder rubbeln kann nämlich nicht weitergelesen werden. Macht auch bei der x-ten Wiederholung noch Spaß, ist aber besonders beim ersten Mal absolut magisch. Staunend blickten unsere Kinder so z.B. ihre Finger an, wenn sie Bilder im Buch gemalt hatten und diese sich
durch Zauberhanddurch Umblättern in richtige Bilder verwandeln.Papa Löwe und seine glücklichen Kinder Papa Löwe, Mama Löwe und ihre 7 Kinder leben ein wenig anders als die anderen. Mama Löwe geht arbeiten und Papa kümmert sich darum, dass die Kinder glücklich sind. Man merkt zwar ein wenig, dass Janosch dieses Buch verfasst hat, als eine arbeitende Mama noch total verrückt war, dennoch finde ich das Buch auch heute noch mehr als aktuell. Denn bei Familie Löwe zählt vor allem das Glück der Kinder und wenn das heißt, dass das Löwenkind aus dem Fenster pinkelt, zum Mond fliegt oder gleich die Revolution anzettelt, dann ist das eben so. Ein Buch über Kinderleben, dass auch den Eltern Spaß macht.
Für Hund und Katz ist auch noch Platz “Hopp und los, die Welt ist schön, die Welt ist groß.” Ich liebe gereimte Kinderbücher. Ich finde das Vorlesen so doppelt schön, die Kinder kennen die Reime schnell auswendig und wenn dann die Geschichte auch noch so spannend ist wie hier und die Bilder so süß, dann ist wirklich für jeden etwas dabei. Wer das Grüffelo mag, der liebt auch die Hex, die sich mit immer mehr Tieren auf ihrem Besen aufmacht in ein großes Abenteuer. Oder wie mutig wärt ihr, wenn ein Drache euch gern mit Pommes zum Abendbrot verspeisen wollte?
für Kinder ein erlebnis: öffentliche Büchereien…
Stimmt. Da war ich als Kind auch ständig. Das hatte ich schon wieder völlig vergessen.
ich habe das hier https://wolfgangweiland.wordpress.com/2017/10/11/832/ über eine von meinen Töchtern geliebte Bücherei geschrieben…wenn du lesen magst…
lg
Das ist wirklich sehr schön geworden! Die “Buchelfen! ❤ Toller Ausdruck. 🙂
Oh vielen lieben Dank fürs Verlinken! ❤
Kinderbuchlesen.de und Deine empfohlenen Bücher kannte ich noch nicht. Schöne Tipps!
Das freut mich, dass für dich was Neues dabei ist. 🙂 Kinderbuchlesen.de liebe ich. 😀
Oh, das ist lieb! Dankeschön 🙂 Ganz liebe Grüße Janet
You made my day. Hatte gerade Lachtränen in den Augen 🙂 Trüffelschwein – hat mich zwar noch nie jemand so genannt, aber trifft den Nagel auf den Kopf! Ganz, ganz lieben Dank für die tolle Vorstellung und das Kompliment. Wir lesen uns 🙂 Liebe Grüße Janet
Hihi… schön, dass du das magst. Es war auch durch und durch nett gemeint! 😊 Sehr sehr gern geschehen und bis bald! LG Sonja
Habe ich auch gar nicht anders gesehen 🙂 und musste herzlich lachen. Und es sind wunderschöne Büchertipps ❤ Liebe Grüße Janet