
Ich war offline. Ganz plötzlich und mit ziemlicher Konsequenz ein ganze Woche lang. (hui) Das war aber lange nicht meinem starken Willen zu schulden. Sonder lag schlicht und einfach daran, dass mir das Handy runter gefallen ist. Aus der Jackentasche. Und es ist so blöd aufgekommen, dass das Display von jetzt auf gleich gar nichts mehr machen wollte. Stattdessen breitete sich nach und nach ein schwarzer Fleck aus. Größer und größer wurde das Nichts, bis ich nicht nur nichts mehr machen, sondern auch nichts mehr sehen konnte. Leider war ich gerade auf der Fähre von Den Helder nach Texel als dieser folgenschwere Unfall passierte. Im Urlaub also. In Holland.
Nun also stand wirklich Abschalten auf dem Programm. Wortwörtlich.
Das fand ich zunächst gar nicht mal so schlimm. Was mich aber echt wurmte, war der Fakt, dass ich jetzt keine Kamera mehr hatte. Die große Spiegelreflex hatte ich im letzten Urlaub schon kaum noch berührt. Zu praktisch fand ich stets meinen kleinen handlichen Liebling von Samsung. Tja, blöd jetzt. Vor allem für den Mann. “Schaaaatz, mach doch mal ein Foto!” Er rollte bereits nach der ersten halben Stunde mit den Augen und überließ mir schließlich sein iPhone. Zum Fotos machen. Danach musste ich es brav wieder überreichen. Na gut, dachte ich mir grollend. Ein paar Tage ohne Handy sind ja echt kein Beinbruch. Wird schon gehen. Oder?
Phantomschmerzen und rastlose Finger
Während des Urlaubes war es dann die meiste Zeit wirklich gar nicht so schlimm. W-Lan gab es eh nur im Ferienhaus. Und wir waren viel draussen unterwegs. Mit den Kids im Sand buddeln und auf Leuchttürme klettern geht ohne Handy in der Hand auch viel besser. Zumindest wenn Schatz auch brav Fotos macht… 😉 Abends hab ich mir dann mal den Laptop geschnappt, an dem ich eigentlich ein bisschen schreiben wollte. Aber bis auf ein Posting bei FB, dass ich gerade nicht erreichbar bin, hab ich tatsächlich viel viel weniger sinnlos rumgedaddelt. Mal kurz das Ausflugsziel für den nächsten Tag checken, dann wieder weg mit der Kiste. Ging gut, fühlte sich auch gut an.
Die Phantomschmerzen kamen dann bei der Autofahrt nachhause. Da kam nämlich zum ersten Mal die Langeweile vorbeigeschlendert. Die Kids lauschten der schon 1000 mal gehörten Biene Maja Folge, der Mann fuhr gutgelaunt vor sich hin, ich saß rastlos daneben. Erzählt hatten wir uns in den letzten Tagen anscheinend genug. Jetzt ein bisschen Facebook oder Instagram – ja das wär was. War aber nicht. Mein Handgelenk zuckte immer wieder kurz, bis mein Hirn stoppen konnte. Weil, da war ja gar kein Handy in der Tasche, das mich retten konnte.
Verpasste Termine und wo gehts eigentlich lang?
Wieder zuhause. Zurück im Alltag. Und der Montag startet erstmal ohne Obst. Also für die Kids im Kindergarten zumindest. Das hätte ich nämlich abholen sollen. Ups, heute? Blöd halt, dass mich die Rufe via WhatsApp nicht erreichten. Und auch kein Kalender piepste und blinkte mich an. So holte mich die Nachricht und mit ihr das schlechte Gewissen erst zur Abholzeit der Kinder wieder ein. Mist. Ich war stattdessen morgens fröhlich und nichtsahnend unterwegs gewesen in die Klinik. Also in die Display-Clinic. Ja, der Handy-Doc in Mannheim heißt echt so.
Siedend heiß war mir morgens nach dem Aufwachen dann eingefallen, dass ich ohne Handy ja nicht mal weiß wo’s lang geht. Schatz hatte auch genug vom Handy- Abgeben und suchte mir lieber das altersschwache Navi aus dem Keller. Obwohl, so altersschwach war das gar nicht. Im Gegenteil – ohne Murren startete es brav nach Jahren des Winterschlafes und tat ohne Mucken seinen Dienst. Vor zehn Jahren wurde eben noch richtige Qualität hergestellt. Dieses Navi wirkt so robust, das würde mir bestimmt sogar noch den Weg zeigen, wenn ich es eigenhändig von der Fähre runtergeworfen hätte.
Einen Tag schaff ich jetzt auch
“Sie können das Handy auf jeden Fall heute Abend abholen”, erklärte mir der Handy-Doc beschwichtigend. Offensichtlich ein wichtiger Satz in seiner Branche. “Ach, das ist nicht nötig” erwiderte ich großspurig. “Einen Tag mehr oder weniger macht jetzt auch nichts mehr. Ich komm dann morgen früh.” War ich das gewesen? Tatsächlich. Die Woche hatte nämlich etwas echt Gutes. Ich hab mir dieses ständige sinnlose Rumscrollen ganz gut abgewöhnt in den letzten Tagen. Mit dem Rechner hinsetzen fand ich immer ähnlich lästig, wie Raucher die auf den Balkon gehen müssen. Dann lass ich es halt gleich, wenn nichts Wichtiges ist.
Einen Abend habe ich mir neue Einrichtungsideen für unser jüngst umgebautes Schlafzimmer auf Pinterest angesehen. Ansonsten hab ich in der letzten Woche ein Buch durchgelesen, eine Mütze für das Kind genäht, ein Geschenk für ein Baby genäht, Sport gemacht, jeden zweiten Abend mit dem Mann in der Sauna (im Ferienhaus) gesessen und viel geredet, gelesen und Quatsch gemacht.
Was ich nicht gemacht habe: gebloggt, Dinge gepostet, unzählige Artikel gelesen, mit Freundinnen gechattet, der Familie jeden Tag Bilder aus dem Urlaub geschickt, irgendwas kommentiert, geliked und diversen Menschen zum Geburtstag gratuliert. Sorry Guys. Happy Birthday nachträglich!
Fast so ein bisschen wie früher. Als wir im Urlaub auch wirklich zwei Wochen nur vor Ort waren und nicht wussten, was zuhause so passiert und maximal die Oma aus der Telefonzelle am Campingplatz angerufen haben, damit die weiß, dass wir heile angekommen sind.

Handynerd is back?
Irgendwie hoffe ich, dass ich mir aus der Zwangspause was mitnehmen kann. Versteht mich nicht falsch, ich finde immer noch, dass das Internet ein Segen ist. Wenn wir gezielt Sachen recherchieren, Urlaube buchen, etwas bloggen, etc. dann finde ich es immer noch großartig. Aber wir vertrödeln auch ganz schön viel Zeit mit sinnlosem Blabla, der uns das Hirn verklebt. Einfach weil alles viel viel viel zu viel ist, was wir dann hinterher in sinnvoll oder -los sortieren müssen. Und das überfordert mich zumindest ganz schön oft und ich fühle mich leer und voll zugleich. Ich hab mir für die nächste Zeit jedenfalls ganz viele neue Bücher bestellt. Ja, übers Internet. Vielleicht lege ich mir selber noch Computerzeit auf? Eine halbe Stunde am Tag wär doch was, wenn ich nicht gerade arbeite. Mal drüber nachdenken. Und danach halte ich es mit Peter Lustig. Der hat uns früher nach Löwenzahn ja auch immer aufgefordert: “Und jetzt, abschalten.”
Wie geht es euch mit eurer Handyzeit? Merkt ihr auch, dass ihr manchmal länger dran hängt als nötig? Oder habt ihr bestimmte Strategien wie geregelte On-/offline-Zeiten?
Ich freu mich von euch zu hören. Hier in diesem Internet. 🙂 Nur Antworten gibts in der nächsten Zeit vielleicht erst ein paar Stunden später. Oder morgen.
Love, eure Sonja ❤
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