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Die besten Geschichten schreibt das Leben. Und bei den allerschönsten haben Kinder ihre Finger oder viel besser ihre Fantasie im Spiel. Ist doch so, oder?

Wie Kinder sich die Welt erklären ist wirklich einzigartig. Immer wieder bewundere ich meine Tochter für ihr großes Herz und ihre erfrischenden Gedanken. Und an denen möchte ich euch gerne teilhaben lassen. Denn manchmal sind die Ideen so süß, dass wir uns selber eine Gute-Nacht-Geschichte daraus basteln. Ich bin gespannt, was ihr davon haltet.

Los geht es mit der Geschichte vom Mädchen, das sein Trauen verloren hatte.

Es war ein mal ein Mädchen, das wollte hoch hinaus. Es träumte davon eines Tages so toll klettern zu können wie Theo. Theo war ein flinker, junger Kater, der es liebte durch den Garten der Familie zu rasen. Und wenn er besonders gut gelaunt war, hüpfte und sprang er im Kreis umher, dass es nur so eine Freude war ihm dabei zuzusehen.

Eines Tages sprang Theo auf die alte Tanne im Garten. Und flink wie ein Wiesel kletterte er am Baumstamm hinauf. Er rammte seine spitzen Krallen in den Baumstamm, zwei links und zwei rechts und raste in einem Affenzahn immer höher. Die alte Tanne war wirklich schon sehr sehr alt und auch sehr sehr groß. Es gab also viel zu klettern für den schwarzen Kater. Beinahe konnte das kleine Mädchen seinen Theo schon nicht mehr sehen.

Da wackelten plötzlich die alten Zweige mit ihren schweren Tannenzapfen und verrieten, wo Theo sich versteckte. Hoch oben, so hoch wie mindestens drei Klettergerüste übereinander, balancierte der kleine Kerl über einen gefährlich schwankenden Ast und schaute mit großen Augen in die Ferne.

Plötzlich überkam das kleine Mädchen eine schäumende Wut auf den Kater. In ihrem Bauch wurde es heiß und beinahe fühlte es sich an, als würde in ihr ein Feuer  brennen. “Der Theo darf da gar nicht rauf” schrie sie empört und stampfte mit dem Fuß feste auf den Boden.

“Warum denn nicht?” fragte daraufhin die Mama des kleinen Mädchens und legte ihre Stirn in Falten. “Er macht das doch gut” sagte sie und hob ihre Hand über die Augen, um besser in den Himmel schauen zu können, was der Theo denn da eigentlich genau machte.

“Aber ich bin viel größer als Theo! Ich darf das und er nicht”, fand das kleine Mädchen und seine Augen füllten sich mit heißen Tränen. Sie schob die Lippen vor, verschränkte die Arme vor der Brust und sagte mir zornigem Blick: “Ich will das auch!”

“So hoch klettern möchtest du?”, fragte die Mama und dann sagte sie etwas, dass das kleine Mädchen erstaunte. “Also ich würde mich das nicht trauen.”
Da ließ das kleine Mädchen die Schultern hängen und erwiderte: “Ich auch nicht. Ich hab nämlich mein ganzes Trauen verloren! Ich glaub das war gestern beim Spazieren gehen. Da ist es mir einfach aus der Tasche gefallen!”

“Echt jetzt?” fragte die Mama. Dabei sah sie ihre Tochter ernst an und klatschte plötzlich die Hände zusammen. “Na dann los, worauf warten wir?! Dann müssen wir los und dein Trauen wiederfinden.” Sie schnappte sich die kleine Schwester, winkte Theo nochmal zu und stapfte ohne sich nochmal umzusehen in Richtung Gartentörchen. Schnell rannte das kleine Mädchen los und schob seine Hand in Mamas Hand.

Und dann liefen sie zum See. Auf dem Weg dorthin sahen sie in beinahe jeden Busch. Sie drehten Blätter um, hoben Steine hoch, wühlten mit den Füßen in der Erde. Und als das kleine Mädchen schon all seine Hoffnung aufgeben  wollte, da rief die Mama plötzlich: “HIER, hier ist es. Ich hab es gefunden! Du hast es tatsächlich hier verloren!”

Das kleine Mädchen schaute ungläubig seine Mama an, die einen kleinen blauschwarzen Stein in der Hand hielt. Er war ganz glatt, von schwarzen Linien durchzogen und wenn man ganz genau hin sah, hatte er fast die Form eines Herzens. “DAS ist mein Trauen?” fragte das kleine Mädchen.

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Foto von mir 🙂

“Ja natürlich” sagte die Mama und dann sagte sich noch etwas Komisches. “Also das hier ist dein Talisman. Der kann dich an dein Trauen erinnern. Denn weißt du, dein Trauen, das steckt ganz tief in dir. In deinem Herzen. Aber da können wir es ja nicht so gut sehen. Den Stein hier aber schon. Den können wir sogar anfassen.”

Das kleine Mädchen nahm den Stein und er fühlte sich wirklich gut an. Er lag ganz kühl in ihrer Hand, während sie mit den Fingern die Linien entlang fuhr. “Dann will ich das sofort ausprobieren” sagte sie und lief sogleich los nachhause.

Dort angekommen lief sie zu ihrem Klettergerüst und sah ganz nach oben bis zur Spitze. Dabei wurde es ihr wieder etwas mulmig im Bauch. Dann aber fühlte sie den Stein in ihrer Tasche und sah zu Theo hinüber, der es sich inzwischen wieder unten auf dem Rasen im Schatten gemütlich gemacht hatte und dort zufrieden seine Pfoten leckte.

Und dann kletterte sie los. Sie kletterte wie sie noch kein Mal geklettert war. Ohne sich umzudrehen, ohne nach Mama zu schauen oder nach ihr zu rufen. Erst als sie ganz oben angekommen war, sah sie sich um. Und was sie sah war herrlich. Sie schaute mit großen Augen in den Himmel und fühlte sich am ganzen Körper warm und glücklich.

“Schau nur Mama” rief sie hinunter in den Garten. “Schau nur, was ich mich traue!” Und dann lachte sie so laut, dass sogar ihre Nachbarin Frau Blume beinahe aus ihrem Schaukelstuhl auf der Terrasse nebenan gefallen wäre.

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