
Da sitzt sie wieder, die böse Mama, die den ganzen Morgen noch nicht ein Wort mit ihrem Kind gesprochen hat und daddelt fröhlich mit ihrem Smartphone herum. Kennt ihr doch auch, oder? Nee, natürlich nicht. In Berlin gibt es ja anscheinend gerade eine Kampagne, die uns Müttern mal wieder vorschreibt, wie wir das gefälligst besser machen sollen mit dieser Erziehung. Ich sag ja nur mansplaining, aber so what.. Den allerbesten Artikel zu dem Thema hat eh schon die großartige Alu von Grosseköpfe dazu geschrieben.
Aber das Gerede kennt ihr, oder? Menschen, die keine Kinder haben, die wissen ja eh am besten, wie das mit der Erziehung so geht. Darauf will ich hier hinaus. Und ich vermute, viele von uns schämen sich ein bisschen, wenn wir an früher denken. Ich zumindest hatte einen ganz genauen Plan wie das mit Kindern so läuft. Bis ich Mama wurde.
NIE werde ich meine Kinder vor dem Fernseher parken!
Neeeeein, ich schwöre, wir gucken gar kein Fernsehen!! Warum die Kinder alle 33445 Folgen der Paw Patrol auswendig kennen? Ich kann es mir selber nicht erklären. Na gut, das war geflunkert. Natürlich gucken wir Fernsehen. Mal mehr und mal weniger. Und echt jetzt, manchmal sind wir alle so platt, wenn wir vom Kindergarten und der Arbeit kommen, da ist so eine Stunde rumdösen doch Gold wert. Und dann vegetieren wir hier so rum, die einen vor der Glotze, die anderen vor dem Handy und danach haben wir plötzlich wieder Kraft und Energie, um zusammen zu tanzen, zu basteln oder zu kochen. Aber psst, erzählt das bloß nicht weiter. Nicht, dass die Mütterpolizei mich noch erwischt. Und dann muss ich nachsitzen und abends Filztiere basteln oder Kastanienmännchen bauen oder so…
Ich werde meinen Kindern alles über gesunde Ernährung beibringen!
Achtung, jetzt kommt noch ein Geständnis: Meine große Tochter liebt es, selber zu kochen. Und ich – hasse es, ja echt.. wenn ich mir die Küche mit anderen Menschen teilen muss. Schande über mein Haupt! Ich hab mich früher schon immer mit dem Mann gestritten, wenn der im Weg rumgestanden und überhaupt alles anders falsch gemacht hat.
Also manchmal ist mir das Gewusel und die zwei Kinderstühle und die runterfallenden Gurken und Tomaten und all das “gib mir das” “Mama, ich kann das” “Iih, dass mag ich nicht” “Mama, guck mal hier” einfach echt too much.
Und dann schieb ich die Kids wieder raus aus der Küche und mach ihnen Bibi und Tina bei Spotify (btw ist das jetzt schon Werbung?) an und genieße meine drei Sekunden Ruhe, bevor der nächste an meinem Hosenbein zieht und kräht “Maaaamaaaaa!”
NIEMALS habe ich meinen Kindern Brei aus dem Glas gegeben!
Ich sagte ja gesunde Ernährung ist mir wichtig. Also das stimmt jetzt. Aber nun ja, ich bin jetzt auch nicht gerade für meine Konsequenz meinen Dogmatismus bekannt. Ich habe also immer nur selber gekocht und immer meine Kinder alles probieren lassen. Wir lieben noch heute Kürbis und Pastinake und essen am liebsten rohe Möhrensticks. Äh – gelogen.
Pastinake würden meine Kinder heute nicht mal mit der Kneifzange anfassen. Aber ich schwöre, wir haben es mit ihr versucht. Und ja, es gab hier selbstgekochten Brei und auch viel Fingerfood, aber eben nicht nur. Manchmal gab es auch ein Glas, die gibts nämlich auch in Bio und man muss da nicht direkt die Variante “Spaghetti Bolognese” wählen, sondern kann eben auch Kartoffel-Kürbis aussuchen.
Die Große könnte sich heute allerdings trotzdem den ganzen Tag von Würstchen ernähren. Und dazu dann ne Fleischwurst. Auch der Hinweis auf die Herkunft der Wurst und der Zusammenhang Tier = Wurst konnte dieser Liebe keinen Abbruch tun. “Mama, Wurst ist doch so lecker. Es reicht ja, wenn du weniger Tiere isst.”
Die Kinder schlafen nicht bei uns, sondern in ihrem eigenen Bett!
Ja, manchmal. Also zum einschlafen. Und ab und an auch für mehrere Stunden. Aber oft genug wachen wir in den unterschiedlichsten Konstellationen und Orten am nächsten Tag auf. Alle vier im Elternbett und der maunzende Kater davor, ein Kind plus Mama im Bett, ein Papa auf dem Boden vor dem Kinderbett plus Hand im Bett bei K 2, ein Papa im Elternbett plus ein Kind und Mama und das andere Kind im Hochbett, die Kombinationsmöglichkeiten sind schier unendlich. Und im ersten Lebensjahr haben unsere Mäuse ihre eigenen Betten selbstverständlich keines Blickes gewürdigt und lieber auf statt neben Mama oder Papa genächtigt. Is klar, oder?
Als Eltern lassen wir uns nicht von den Kindern gegeneinander ausspielen!
Hahahahaha… ja, ich dachte echt, das wir uns dafür nur genügend absprechen müssten. Wie gewitzt schon Vierjährige sein können, wenn sie etwas haben wollen, hatte ich nicht bedacht. Woher hätte ich das auch wissen sollen? Und dass das mit dem Absprechen eben auch nicht so mega einfach ist, wenn beide Eltern Teilzeit arbeiten und halt auch Teilzeit haushalten und dazwischen zwei laute (Klein-)Kinder rumspringen, ja ach, wer sagt es einem schon vorher…
Ich werde mich von meinen Kindern nicht erweichen lassen. Nein heißt Nein.
Oder vielleicht doch “Na gut, aber nur noch fünf Minuten, ein Eis, drei Gummibärchen, vier mal Rutschen, danach wird aber aufgegessen…” Ich erwähnte es ja bereits, ich bin eben nicht die Königin der Konsequenz. Und wisst ihr was? Drauf geschissen! Warum sollen die Kinder denn nicht auch lernen, dass gute Argumente eine Wirkung haben? Und ständiges am Bein zupfen bei gleichzeitigem hochfrequenten “Bitte, bitte, bitte…” ist ein ziemlich gutes Argument.
Ich halte es da eher mit dem sogenannten “lazy parenting”. Welchen “Kampf” lohnt es sich zu kämpfen und was habe ich eigentlich zu verlieren, wenn wir erst in zehn Minuten vom Spielplatz nachhause gehen? Und überhaupt geht es hier doch eigentlich um unseren Alltag und nicht um Macht. Kooperatives Verhalten ist ja nun auch keine Einbahnstraße. Also lasset die Spiele beginnen und die Gummibärchen regnen. Aber nur noch fünf Minuten! Dann ist hier aber wirklich Schluss! Und warum hört eigentlich keiner auf mich?!

Es grüßt euch die stets um Fassung ringende, konsequente, Bio-Super-Bastel-Nähmama mit den besten Nerven der Welt. Nicht. Ich hab euch trotzdem lieb! Auch wenn ihr jetzt sagt, dass ich mich bloß nicht genügend anstrenge. Das ist dann einfach so.
Ich muss nämlich auch mit meinen Kräften haushalten. Achsamkeit, you know?
Also habt ein schönes Wochenende und seid nicht so streng mit euch! Love, eure Sonja ❤
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