Als ich in den frühen 80ern ein Baby im Bauch meiner Mutter war, wurden Schwangerschaften noch hinter Wallla-Walla-Kleidern versteckt. Auch nicht so geil. Heute jedoch feiert jede zweite werdende Mutti auf Instagram durchgestylte Gender-Reveal-Parties mit jeder Menge Konfetti und Luftballons in rosa oder blau.
Jeder Wochenwechsel wird von emotionalen Berichten begleitet, während sie ein Seidenkleid über der dicker werdenden Plautze glatt streicht und versonnen irgendwo nach unten ins Eck blickt. Sie strahlt und ist so “total voller Energie” und “mega happy”, das man Glitzer kotzen möchte.

Oder? Also zumindest stelle ich mir das so vor, wenn ich diese Glorifizierung des erfolgreichen Koitus hätte mit ansehen müssen, als ich schwanger war. Also für alle Neugierigen, die bis hier her “gehibbelt” haben, “NEIN, ich bin nicht schwanger!”
Yeah, du hast einen Braten in der Röhre! Ab auf den Thron mit dir!
Versteht mich nicht falsch, das hier wird kein Rant über werdende Mütter im Allgemeinen. Es wird nur der Versuch, all den Schwangeren Mut zu zu sprechen, die sich von so viel Hype und HappyHippoLaune völlig überfordert fühlen. Allen anderen sei ihr mega Feeling natürlich gegönnt. Vielleicht wollen wir es nur nicht den ganzen Tag sehen.
Als ich das erste Mal schwanger wurde, hatte auch ich so die ein oder andere Vorstellung.
Kolleginnen und Freundinnen hatten geschworen, sich noch nie in ihrem Leben “so wunderschön” und “so komplett” gefühlt zu haben. Also war ich doch etwas voreingenommen und überaus entsetzt, als dieser verdammte innere Glow sich bei mir zum Verrecken nicht einstellen wollte.
“Du bist schwanger und nicht krank” können ja auch nur diejenigen sagen, die noch nie von hyperemesis gravidarum oder Symphysenlockerung gehört haben. Obwohl ich das beides nicht oder nur in Maßen hatte, ging es mir schlecht. Beschissen um ehrlich zu sein.
Ich hatte so ziemlich alles, was man bei Wikipedia so unter Nebenwirkungen von Schwangerschaften nachlesen kann. Und damit bin ich wahrlich nicht die Einzige.
Also falls du da draußen sitzt mit dem dicken Bauch und dir tut der Rücken weh und dir ist den ganzen Tag latent übel und du kannst nicht schlafen und überhaupt ist irgendwie alles mies und zum heulen… dann sei dir gewiss, DU BIST NICHT ALLEIN!
Schwangersein ging bei mir so: Fangen wir mal mit der Übelkeit an. Die war nämlich bei mir so der alles bestimmende Unterton und hat mich – juchu – sogar bis in den Kreißsaal begleitet. Dafür hab ich dort auch wunderschön bemalte Kotztütchen von der Hebamme bekommen, um mich etwas aufzumuntern. Aber ich greife vor.
In Woche 5 entdeckten wir überraschend die zwei Striche. Da war noch alles gut. Aber nur eine Woche später ging es los. Schon vor dem Aufstehen war mir übel. Teilweise wachte ich nachts auf, weil es mir so flau war. Und dazu auch schwindlig. Ich fühlte mich quasi jeden Tag so, als hätte ich gestern eine fette Party gefeiert. Oder würde Magen-Darm bekommen. Spürt ihr schon den Glow?
Die Kloschüssel wurde zu meinem liebsten Einrichtungsgegenstand. Erst ab dem sechsten Monat spürte ich ein wenig Erleichterung und musste endlich nicht mehr mehrmals täglich kotzen. Yes!! Leider wirkte sich meine Übelkeit mitnichten auf meine Gewichtszunahme aus. Nur mit Essen im Bauch ließ das saure Gefühl nämlich ein wenig nach. Das Ergebnis: über 20 Kilo plus auf der Waage. Jackpot!
Wassereinlagerungen ist was für alte Leute? My ass.
Ja der Körper kann überall Reserven anlegen. Surprise, surprise. Man weiß ja nie, wann schlechte Zeiten kommen. Meinen frisch erworbenen Ehering trug ich also monatelang an einer Kette.
Und auch das Gesicht wurde von Woche zu Woche runder. Da kann man nämlich auch prima Wasser sammeln. Kurz vor der Niederkunft Ende Mai waren dann auch die einst zarten Fesseln so prall, dass ich meine schlecht manikürten Zehen in FlipFlops steckte. Zwei Nummern größer.. Kennt ihr das Bild von Homer Simpson, als der so richtig dick wird und sich so einen Vogel anschafft, der für ihn ans Telefon geht, weil seine Finger zu dick zum wählen sind? So fühlte ich mich.
Ich war also zum ersten Mal in meinem Leben nicht nur ein bisschen übergewichtig. Toll. Fand mein Rücken leider nicht so. Aber im Reformhaus haben die prima Gürtel, die man unter die Plautze schnallen kann, damit diese ein bisschen besser gestützt ist. Sieht ein bisschen aus wie ein Nierengurt zum Motorradfahren. Fühlt sich leider aber nur mit sehr viel Fantasie nach Freiheit und Road 66 an.
Ach wie gut das niemand weiß, dass mein Busen auch gleich reißt.
Schwangerschaftsstreifen kann man übrigens auch längst nicht nur zur Linea Negra kombinieren. Die peppen jedes Dekolleté auf. Ich schwöre. Während ich mich also noch zur ersten Hälfte der Schwangerschaft wunderte, dass es Still-BHs nur ab Größe D zu geben scheint, konnte ich etwa ab der 30. SSW plötzlich verstehen. Zwar hatte meine Brust noch keine Ahnung vom DollyBuster-mäßigen Milcheinschuss, der uns beide kurz nach der Geburt überraschen sollte. Doch sie legte schon mal vor und explodierte quasi über Nacht.
Nur blöd, dass ich zu dem Zeitpunkt grad kein Bio-Öl zur Hand hatte, sondern vermutlich schnarchend um mein Stillkissen geknotet schlief. Oder Pippi machte. So eine Blase scheint ja dem wachsenden Kind besonders gern Platz zu machen. Auch schon bevor das Würmchen anfängt hinein zu treten. Immerhin bereitete mich das nächtliche Pullern prima auf die nächsten Jahre vor, in denen ich für ein paar Minuten Schlaf möglicherweise bei Gelegenheit auch getötet hätte.
Ich bin von Kopf bis Fuß auf schwanger eingestellt.
Ich will euch jetzt gar nicht alle Einzelheiten aufzählen, mit denen ich mich rumgequält habe. Nur so viel: Tagelang Kopfschmerzen ohne die Möglichkeit eine Aspirin zu nehmen sind mindestens genauso mies wie Hämorrhoiden oder schmerzende Füße, an die man wegen des dicken Bauchs nicht mehr dran kommt. Stimmungsschwankungen sind keine Erfindung und die richtige Hebamme mit der Lizenz zur Akupunktur ist Gold wert.
Aber wenn sie dich einmal anlächeln…
Ja, jetzt wird’s gleich doch noch kitschig. Wartet es nur ab. Schwangersein fand ich beide Male ziemlich mies. Meistens. Die Kindsbewegungen und überhaupt das Gefühl, dass da ein Mensch unterm Herzen wächst, sind aber trotz aller Beschwerden der Oberhammer.
Und während ich hier sitze, kommen die tollsten Töchter der Welt ins Zimmer gelaufen und präsentieren mir stolz ihre Bilder, die sie für mich gemalt haben. “Mama, ich hab so viele Blumen drauf geklebt, wie ich dich liebe. Also ganz bestimmt über 33!” Kann es einen besseren Grund geben, sich durch jede Menge Dickbauchdienstage zu quälen? Ich glaube nicht.
Also tschakka Mädels. Ihr packt das. Auch wenn euch die Sonne nicht aus dem Allerwerteste scheint. Die Plackerei ist jede Mühe wert. Versprochen.
Und wie waren eure Schwangerschaften so? Habt ihr geleuchtet? Ich freu mich von euch zu hören. Love, eure Sonja
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